Von Moloch-City zu den HeinerRugs

Der Designer Michael Wruck hat nach Motiven aus Gemälden des Malers Sebastian Heiner eine Serie von zehn Bildteppichen entworfen, von denen der renommierte Textilverlag JAB Anstoetz jetzt Teppiche realisiert hat. Beide Künstler sind in Berlin ansässig.

Während Heiner in den seit 2018 unter dem Serientitel „Moloch City“ gemalten Ölbildern seine persönlichen Eindrücke der Mega-Citys Bangkok, Beijing und Shanghai zu dystopischen Traumszenen verarbeitete, in denen kubistisch gestaltete Hohepriester mit aggressiv bewaffneten Robotern agieren, erzählt Wruck die Geschichte jetzt weiter: Die von Heiner erfundenen farbig gekleideten Figuren entwickeln – ihrer chaotischen Umgebung und Gesellschaft überdrüssig – eine Sehnsucht nach höher entwickelten, außerirdischen Zivilisationen. Nachdem der Anführer und einige Verbündete Kontakt aufgenommen haben, landet tatsächlich ein Raumschiff. Die Erdbewohner lehnen die Ankömmlinge jedoch ab und verurteilen sie wegen ihrer angeblichen Überlegenheit. Daraufhin planen die Fremden ihre Abreise. Der Vermittlungsversuch einer Hohepriesterin  führt jedoch zu einem wechselseitigen Austausch von Ideen und zu der Erkenntnis, dass die Außerirdischen schon immer anwesend waren und nun die Möglichkeit zu einer höheren Entwicklung der Menschheit eröffnen. Über dieser letzten Szene schwebt das Raumschiff und strahlt der technische Mond. Anregungen zu der Geschichte lieferte die Science-Fiction-Literatur von Stanisław Lem und den Brüdern Arkadi und Boris Strugazki bis zum chinesischen Autor Liu Cixin.

Durch den intellektuellen Austausch und die rege Zusammenarbeit von Heiner und Wruck ist eine moderne Bildnovelle entstanden, die Raum für zahlreiche Deutungen lässt. Wruck hat sie in aufregend aktuelles Grafikdesign übertragen. Darüber hinaus beschreiten die beiden Künstler auch neue Wege im Bereich der textilen Bildgestaltung. Die Gattung des modernen Künstlerteppichs entwickelte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf den Grundlagen der englischen Reformbewegung und durch die Mischung von Historismus und Volkskunst in Skandinavien und Norddeutschland, fand einen Höhepunkt im Jugendstil und blieb bis in die 1980er-Jahre aktuell. Während Wandbehänge seit dem frühen Mittelalter durchgängig gewirkt oder gewebt wurden, werden die wertvollen aus dem Orient stammenden Bodenteppiche bis heute mit der Hand geknüpft.

Heiner und Wruck haben sich jedoch für die moderne Technik des Handtufting entschieden, welche die Figuren in präzisen Umrissen und prägnanten Farbflächen erscheinen lässt. Dadurch sind ihre Bildteppiche sowohl für den Boden als auch als Wandobjekte denkbar. Neu ist auch, dass die Motive eines Malers durch einen Grafikdesigner neu interpretiert, in einen weiterentwickelten Kontext gestellt und als Folge von mehreren Arbeiten in einer Art Comic-Serie präsentiert werden. Erstmals auf dem Gebiet des Künstlerteppichs wurde ein Science-Fiction-Sujet gewählt, das offensichtlich auch im Designbereich begeistern kann.

Axel Feuß 2021

Series A - Rug 8
Rugs Series A – 2020 – 7/10
Series A - Rug 7
Rugs Series A – 2020 – 10/10
Series A - Rug 10